blog250325

Die schwierigste Zeit meines Lebens - Teil 3

Einleitung

Nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen und der Trainingsbetrieb bei IPA2 aufgenommen worden war, begann eine Zeit, in der eine Entspannung relativ gut möglich gewesen wäre. Der Umzug von der alten in die neue Immobilie war abgeschlossen und für die alte hatte ich sogar einen Nachmieter gefunden, welcher von den Vermietern angenommen wurde. Auch wenn hier und da noch Schwierigkeiten auftraten und ich immer noch die Notwendigkeit verspürte, an mehreren Orten gleichzeitig sein zu müssen – mich aber nicht aufteilen zu können – kam relativ schnell das Gefühl einer Routine auf. Geordnete Abläufe und planbare Tagen und Wochen sind für mich persönlich sehr wichtig und so entspannte ich mich bald.


Schnell machte sich jedoch ein Problem bemerkbar, welches zwar schon seit Anbeginn von IPA vorhanden war, nun aber noch schwerer ins Gewicht fiel: die Distanz zwischen meinem Wohnort und der Akademie. Seit anderthalb Jahren fuhr ich pro Strecke 40 Minuten durch den dichten (und sehr stressigen) Hamburger Straßenverkehr. Manchmal tat ich dies auch zweimal täglich, also insgesamt fast drei Stunden Fahrtzeit, weil wir bei IPA Training sowohl am Vormittag als auch am Abend haben, ich jedoch die Zwischenzeit zur Erholung brauche und nicht in der Akademie verbringen möchte. 


Der Betrieb von IPA2 würde künftig, da war ich mir sicher, solche Anstrengungen erfordern, dass ich mir weder diese Fahrtzeiten noch den Verzicht auf Erholung in den Pausen leisten können würde. Ich musste umziehen. Und zwar so schnell wie möglich. Und am besten in die unmittelbare Nähe meines Arbeitsortes, um im Optimalfall weniger als zehn Minuten zur Arbeit bzw. nach Hause zu benötigen. Da der Hamburger Wohnungsmarkt aber noch katastrophaler ist, als der Hamburger Straßenverkehr, war ein solches Unterfangen praktisch nicht möglich. Also musste ich kreativ werden. 

Direkt der nächste Umzug

Über meine kurz daraufhin gefundene Lösung kann ich öffentlich leider nicht im Detail berichten. Jedoch hatte ich eine Idee, welche sich in der Praxis (wahrscheinlich) als anwendbar erweisen und insbesondere die Fahrtzeiten auf ein absolutes Minimum reduzieren würde. Um den Plan in die Tat umzusetzen, waren wieder eine Reihe von Dingen nötig, die daraufhin sehr ähnlichen Stress verursachten, wie das Vorangegangene. Und erneut einen Umzug mit sich bringen würden.


Ich wohnte zu dem Zeitpunkt seit fast 12 Jahren in meiner Wohnung. Zweieinhalb Zimmer mit Balkon und das in sehr guter und begehrter Lage. Für 650 € warm. So etwas in einer Großstadt, speziell Hamburg, zu finden war quasi unmöglich. So etwas freiwillig aufzugeben, grenzte an Wahnsinn. Aber nichts davon nützte mir. Also kündigte ich die Wohnung nach so langer Zeit, in der ich dort gerne gelebt hatte. Ich war der Meinung, alles dafür tun zu müssen, die Wahrscheinlichkeit der Erreichung meines Ziels zu erhöhen. Also tat ich auch das, ohne groß darüber nachzudenken. Ich machte, was ich für nötig hielt.


Nach einer so langen Mietdauer war der Zustand meiner Wohnung mehr als renovierungsbedürftig. Ich hatte Möbel, die in meiner neuen Wohnsituation keinen Platz finden würden. Und natürlich hatte sich über 12 Jahre einiges an Krempel angesammelt. Also hieß es wieder handwerkliche Arbeiten, Fahrten zum Sperrmüll und der Umzug an sich. An dieser Stelle möchte ich meiner damaligen Freundin danken, die mich dabei sehr unterstützt hat. Leider, völlig ohne ihre Schuld, war sie in der vorangegangenen Episode, nicht dabei gewesen, da sie eine bereits lange im Voraus geplante Fernreise in die USA unternommen hatte. Dennoch hatte ihre Abwesenheit unsere Beziehung leider belastet, weil ich mich mit meinen Problemen sehr alleine gefühlt hatte. Und dann natürlich der allgemeine Stress durch all das Geschehene. Absolutes Gift für eine Beziehung. Der Kontakt übers Telefon hatte sich eher wie eine Pflicht aus der Ferne angefühlt, statt wie eine Unterstützung.

Die Sicherheit der Wohnung

Relativ schnell, nachdem ich mich in meiner neuen Wohnsituation eingelebt hatte, wurde mir eine Sache klar, die ich im Voraus nicht bedacht hatte: Meine alte Wohnung war mir über mehr als ein Jahrzehnt lang eine große Sicherheit gewesen. Ich hatte dort viele Lebensphasen durchstanden und insbesondere auch durch die gute Lage und die niedrige Miete immer ein großes Gefühl der Anbindung und der Sicherheit erhalten. Dies war nun plötzlich weg. Und das bemerkte ich erst, nachdem alles bereits erledigt und unwiderruflich verändert war. 


Mit IPA2 hatte ich mein Leben auf fast schon absurde Art und Weise auf den Kopf gestellt. Die Unsicherheit und das Risiko, die die Expansion meines Gewerbes mit sich brachte, hatte mir bereits zahlreiche schlaflose Nächte bereitet. Die Geldsorgen waren nicht einfach nur finanzielle Bedenken. Ich hatte riesige Existenzangst. Wenn meine Pläne nicht aufgehen und die Entwicklung von IPA, welche ein starkes Mitgliederwachstum voraussetzte, in der Praxis so nicht geschehen würde, wäre ich innerhalb kurzer Zeit ruiniert. Mein Leben würde sich auf radikale Art verändern. Und zwar ausschließlich negativ.


Ich würde meine Kampfsportschule verlieren, weil ich sie zu schnell und zu aggressiv vergrößert hatte. Ich würde mein Team verlieren. Ich würde den Ort verlieren, an welchem ich die Fähigkeit ausüben konnte, Geld zu verdienen. Ich wäre privatinsolvent. Und unabhängig davon stark verschuldet, da ich mir ausschließlich Geld von Freunden geliehen hatte und diese Kredite zurückzahlen würde, komme was wolle. Notfalls für den Rest meines Lebens in kleinen Raten. All dies war mir vorher bereits bewusst gewesen. Ich hatte diese Punkte bedacht, analysiert und abgewogen. Und mich dafür entschieden, weil ich glaubte, dies ertragen zu können. Aber nun kam noch der Verlust der Sicherheit, die mir meine Wohnung über all die Jahre gegeben hatte, hinzu. Ich verlor vor Angst beinahe den Verstand.


Ich weiß, was für ein starker Mensch ich bin. Und was ich in Extremsituationen zu leisten imstande bin. Zahlreiche Erfahrungen aus der Vergangenheit hatten mir dies bewiesen und zweifelsfrei in mein Bewusstsein eingebrannt. Ich war für alles bereit, was mir meine Reise an Herausforderungen entgegenbringen würde. Für jede Krise, für jeden Kampf. Aber mit dieser Angst hatte ich nicht gerechnet. Panikattacken, Alpträume. Schweißausbrüche, Wutanfälle. Heulkrämpfe, Angstgedanken. Gelähmtheit, Verzweiflung. Noch nie in meinem Leben hatte ich so etwas erlebt. Noch nie in meinem Leben hatte ich eine solche Angst.


Wie würde ich die bevorstehende Zeit meistern? Wie würde ich funktionieren, auf Höchstniveau, und alles daran setzen, mein Ziel zu erreichen? Und würde das Glück mitspielen? Einige Dinge lagen außerhalb meiner Kontrolle und mussten einfach funktionieren. Ich konnte nur mein Bestes geben und hoffen, dass das Universum den Rest für mich regeln würde. Eine Empfehlung, die mir von einem meiner Ratgeber – Lukasz Zielonka, Gründer der Armbar Akademie in Cloppenburg – damals vor der Verwirklichung von IPA1 gegeben wurde, war: „mach eins nach dem anderen”. Diese Aussage rief ich mir fortan immer wieder ins Gedächtnis. Wenn mich die Gesamtheit der noch zu erledigenden Dinge mal wieder förmlich erschlug, schloss ich für einen Moment meine Augen und atmete tief durch. Eine Sache nach der anderen. Weitermachen.