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Mein Vorbild

"If you're going through hell, keep going." – Winston Churchill

Rückblick zum 10-jährigen Jubiläum von Nexus

Die Nexus Fighter Academy wird 10 Jahre alt. Am 2. März 2015 öffneten sich die Türen zu der mittlerweile erfolgreichsten und größten BJJ-Akademie Hamburgs, geführt von Ana Yagües und Tony Hesse - den beiden Menschen, die mir im November 2022 meinen Schwarzgurt verliehen haben. Um die Frau aus diesem Duo soll es in meinem Rückblick gehen, in welchem ich auf die Vorgeschichte von Nexus eingehen und an die Leistung erinnern möchte, die Ana vollbracht hat, um es überhaupt bis zur Eröffnung zu schaffen.

Die Zeit vor Nexus

Nicht jeder weiß es, aber ich habe mit BJJ nicht bei Nexus im März 2015 angefangen, auch wenn ich dort seit Tag 1 als Gründungsmitglied dabei war. Meine Reise im Jiu Jitsu begann im Mai 2014 in der Akademie, die Ana mit ihrem damaligen Ehemann geführt hat und ebenfalls eine bekannte Größe in der früheren BJJ-Szene Hamburgs war: GroundFighters.  


Ich erinnere noch, wie ich dort Ende April ohne Voranmeldung auftauchte und verschlossene Türen vorfand. Der Grund war, dass kurz vorher ein Umzug aus der sehr kleinen Erstimmobilie stattgefunden hatte und man nun woanders trainierte. Diese Information war mir entgangen und so wäre es fast gar nicht dazu gekommen, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt meinen zweiten Versuch wagen würde. Denn ehrlich gesagt hatte mich der erste Anlauf schon einiges an Überwindung gekostet und ich war sehr nervös. Von Brazilian Jiu Jitsu hatte ich so viel gelesen und ich hatte Ehrfurcht vor dieser mystischen und angeblich so effektiven Kampfkunst.


Ich bin froh, dass ich mich einige Wochen später an der neuen Adresse einfand und mein erstes BJJ-Training bei Ana absolvierte. Dieser Sport hat mich sofort in seinen Bann gezogen. All diese Techniken, all diese Konzepte. So viele Informationen, die mein wissbegieriges Gehirn jetzt zu verarbeiten hatte. Und das Besondere war, dass Ana - damals Braungurt - eine Frau, nicht allzu schwer und sehr klein war. Für mich als Mann mit einer Körpergröße von 194 cm und einem damaligen Gewicht von deutlich über 100 kg war es ein Schock, wie wenig Chancen ich gegen sie beim Sparring hatte. Jiu Jitsu war echt.


So kam es, dass ich anfing, dort regelmäßig zu trainieren und Teil des GroundFighters-Teams wurde. Es dauerte nicht lange, bis ich meinen ersten Wettkampf absolvierte und daraufhin eine Aktivität in der deutschen BJJ-Szene entwickelte, die außergewöhnlich war. Mit Ana hatte ich nicht nur eine sehr erfahrenere Trainerin an meiner Seite, sondern auch eine hervorragend ausgebildete Schiedsrichterin, die in sämtlichen gängigen Regelwerken versiert war und mir ihr exzellentes Fachwissen in Sachen Regelkunde und Wettkampftaktik weitergab. 


Auch wenn ich im technischen Bereich hauptsächlich von ihrem damaligen Ehemann ausgebildet wurde, sah ich sie als meinen Coach an. Es war sie, die mich auf Wettkämpfe begleitete und mir anschließend Feedback gab. Noch heute bin ich geprägt von den vielen lehrreichen Lektionen, die ich durch Ana erhalten habe und in meiner eigenen Akademie an meine Schüler weitergebe. Ja, ich greife heute ohne Ausnahme beim Triangle Choke den gegnerischen Kopf. Den Anschiss, den ich einst bekam, weil ich durch das Vernachlässigen dieses Details das Finale beim Okami Cup in Limburg verloren habe, vergesse ich im Leben nicht.

Der Verrat

Ich möchte bei der folgenden Geschichte nicht zu sehr ins Detail gehen, da es nicht meine Aufgabe ist, die Taten ihres damaligen Ehemannes offenzulegen. Jeder, der es damals live miterlebt hat, weiß, wovon ich spreche. Außerdem möchte ich bei der groben Beschreibung auf eine Beurteilung verzichten, auch wenn es natürlich klar ist, auf wessen Seite ich stehe.


Im Dezember 2014 und Januar 2015 kam es dann zu einer Reihe von Vorfällen, welche dazu geführt haben, dass ihr (heutiger Ex-)Ehemann einen drastischen Schritt vollzogen hat: er hat Ana ohne Vorankündigung und mit aller Macht, die er als der alleinige Inhaber des Gewerbes hatte, vor die Tür gesetzt hat. Nicht nur hat er sie der Akademie verwiesen, sondern er sorgte dafür, dass ein Teil der Mannschaft sich gegen Ana wandte. Als aktives Wettkampfteam war der innere Kreis von GroundFighters eine enge Gemeinschaft. Ana, als einer der beiden Head Coaches, war ein fundamentaler Bestandteil davon. Dennoch kam es dazu, dass sie nicht nur ihre Trainingsheimat verlor, sondern auch ihre Gemeinschaft und ihren Freundeskreis. Sie wurde ausgestoßen und verbannt. Zu behaupten, dass ihr der Boden unter den Füßen weggerissen worden war, wäre eine Untertreibung. 

Unmittelbar danach

Die Wut und die Verzweiflung, die Ana empfunden haben muss, kann ich mir nur schwer vorstellen. Ich war damals live dabei und habe vieles miterlebt und weiß, wie unfassbar schwierig diese Zeit für sie war. Das Leben musste ja irgendwie weitergehen. Trotz des Schmerzes und der Probleme, welche diese schreckliche Situation mit sich brachte. Als Mutter von damals zwei Kleinkindern gab es natürlich allein deshalb schon viel zu tun. Und das wurde durch die aufgetretene Krise ja nicht einfach pausiert, ganz im Gegenteil. Außerdem war plötzlich die Notwendigkeit aufgetreten, eine neue Trainingsmöglichkeit für sich zu finden. Oder eine zu erschaffen.


Es dauerte nicht lange und die ersten Pläne für Nexus wurden von ihr bekannt gegeben. Ich habe extra dafür meine zehn Jahre alten E-Mails durchsucht und gesehen, wie der zeitliche Verlauf war:


11.01.2015 - Abschied und Erklärung per E-Mail, da es ihr persönlich nicht gestattet war, bei GroundFighters zu erscheinen

30.01.2015 - Ankündigung der Nexus Fighter Academy samt Adresse und Startdatum


19 Tage. Ana benötigte 19 Tage. Während genau in der Zwischenzeit die gesamte BJJ-Szene mit den Europameisterschaften in Lissabon beschäftigt war - ein jährliches Turnier, das sie normalerweise ohne Ausnahme besucht - schaffte Ana folgendes:



Ich weiß nicht, wie das möglich war. Hamburg war auch damals schon eine gut gefüllte Stadt. Platz war knapp und freie (und bezahlbare) Immobilien mit guter Lage waren selten. Durch den Rausschmiss aus dem gemeinsam betriebenen Gewerbe waren keine besonderen Mittel vorhanden, eine Finanzierung musste sichergestellt werden. 


Nicht nur hat Ana es geschafft, eine wunderbare Immobilie zu finden, aus der man aus dem fünften Stockwerk über Hamburg blicken kann, sondern auch noch mit direkter Nähe zu einem S-Bahnhof und in einem Wohngebiet liegend. Dadurch konnten die Weichen gestellt werden für ein sehr starkes Wachstum des Erwachsenenprogramms aufgrund der guten Anbindung und des Kinderprogramms aufgrund der dort in hoher Zahl lebenden Familien.


Trotz der finanziell stark angespannten Situation, nahm Ana mehrere Kredite auf und begab sich in eine Lage, in der es hieß: siegen oder untergehen. Trotz der Tatsache, dass hochwertige BJJ-Matten in der Regel eine Produktions- und Lieferzeit von sechs bis acht Wochen haben, waren sie zum Eröffnungstag vorhanden. Wo ein Wille ist, da ist ein Weg.

10 Jahre harte Arbeit

10 Jahre sind seitdem vergangen. Auch wenn Nexus eine Erfolgsgeschichte ist, war die Reise zur heutigen Größe nicht ohne Probleme. Denn andere Krisen mussten durchlebt werden. Herausforderungen bewältigt. Widrigkeiten durchgestanden. Manche davon schwerwiegend. Dennoch ist Nexus unaufhaltsam zu der Nummer 1 in Hamburgs BJJ-Szene geworden.


Ich selber habe viele Krisen in meinem Leben durchlitten und dadurch zu Stärke gefunden. Dabei hatte ich immer Jiu Jitsu an meiner Seite. Und für den Großteil meiner Karriere war Nexus meine Heimat und Ana mein Coach. Der Einfluss, den diese Zeit und diese Erfahrung auf mich hatte, kann ich nicht in Worte fassen. Wann immer ich heutzutage in einer schwierigen Phase stecke und sogar verzweifelt bin, denke ich daran zurück, wie Ana sich Ende 2014 / Anfang 2015 gefühlt haben muss und wie sehr und hart sie gekämpft hat. Aufgeben war für sie keine Option. Es gab für sie nur einen Weg: nach vorne.

Abschluss

Liebe Ana, du hast Großes geschafft. Und geschaffen. Wegen dir gibt es etwas, das es vorher nicht gegeben hat. Nexus ist die erfolgreichste und größte BJJ-Akademie in unserer Millionenstadt geworden und das unter deiner Führung. Du hast zahlreiche Schwarzgurte erschaffen, die wiederum ihre eigenen Akademien ins Leben gerufen haben. Ich bin nur ein Beispiel von mehreren. 


Ich möchte dir danken. Du warst (und bist) mir ein großes Vorbild. Weil du mich bei meinem ersten Training gesweept hast, als wäre es nichts, habe ich mich in Jiu Jitsu verliebt. Bei meinem ersten Training habe ich beschlossen, diesen Sport für den Rest meines Leben zu betreiben und eines Tages meine eigene Akademie zu gründen. Nach acht langen Jahren Training kam es dazu. Zu großen Teilen deinetwegen. Ohne dich, wäre ich nicht dort, wo ich heute bin. 


Vielen lieben Dank für alles. 


Ich wünsche dir ganz viel Erfolg für alles, was du noch in der Zukunft vorhast. Egal, was es sein wird. Du wirst es schaffen.


Alles Gute 

Julian Georgescu 

IPA BJJ 

(und für immer Nexus)


1. März 2025